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TATORT RÜCKBAU

WILLKOMMEN IM NIEMANDSLAND

SEPP MÜRNER, GESCHÄFTSFÜHRER VON COM2NET, PLANT EINE TOPMODERNE NETZWERK-INFRASTRUKTUR FÜR DIE ETH-FORSCHUNGSSTATION FRÜEBÜEL. NUR DIE FRIEDENSEICHE ERINNERT NOCH AN DIE BEWEGTE GESCHICHTE DIESES SCHAUPLATZES.

Der Wind rauscht durch die Birken, welche die Strasse nach Früebüel säumen. Sie steht ganz zuoberst am Ende der Birkenallee, die Friedenseiche. Der Baum, gepflanzt am 8. Mai 1945 zum Ende des Zweiten Weltkriegs, erzählt die Geschichte dieses Ortes am Zugerberg: Von 1943 bis 1988 diente Früebüel als militärische Strafanstalt. Zunächst für Armeeangehörige und Zivilpersonen, welche die Schweiz im Zweiten Weltkrieg zu Tausenden interniert hatte. Und ab 1983 für Sowjetsoldaten – Gefangene aus dem Afghanistankrieg, die von der Schweiz aufgenommen wurden. Fünf Jahre später wurde die Strafanstalt aufgehoben und das Land an die ETH verkauft, welche ab 1989 eine landwirtschaftliche Forschungsstation einrichtete. Heute wird der Betrieb vor allem für die Forschungstätigkeit mit Rindern und Schafen genutzt, für Untersuchungen betreffend Nutztierhaltung, Landschaftsökologie und Nachhaltigkeit. Eine der landwirtschaftlichen ETH-Forschungsstationen – Chamau, ebenfalls im Kanton Zug – wird nun aufgelöst und mit Früebüel zusammengelegt. Und hier kommt Sepp Mürner, Geschäftsleiter von COM2NET, ins Spiel. Er und sein Team sind für die neue Netzwerkinfrastruktur in Früebüel verantwortlich.

Sie arbeiten gerade an einem historischen Tatort –
wie nehmen Sie diesen Ort wahr?

Als ich das letzte Mal da war, lief es mir kalt den Rücken hinunter. Von Zug nach Früebüel geht es steil hinauf, oben angekommen, ist man in einer anderen Welt. Tief verschneit oder bei Nebel – man hat das Gefühl, man sei im Niemandsland. Der historische Hintergrund ist natürlich hochspannend. Die alten Gebäude des Bauernbetriebs haben ihren Baracken-Charakter behalten. Und jetzt wird hier in diese historischen Gebäudehüllen das modernste und schnellste Kommunikationsnetz installiert, das man heute haben kann. Ich würde es so sagen: Aus einem alten Tatort wird ein neuer.

Was umfasst das Projekt «Früebüel»?

Früebüel besteht aus einem Verwaltungsgebäude, drei Wohnhäusern, zwei Viehställen, einer Heizzentrale und einer Remise. Bisher war die Netzwerkgeschwindigkeit nicht besonders gut, nun möchte die ETH alles topmodern vernetzen. Das Vorprojekt umfasste sämtliche Machbarkeitsabklärungen, die Netzwerkplanung und Kostenschätzung für die ganze Kommunikationsverkabelung – Telefondienste, Radio, Fernsehen, aber zum Beispiel auch den Anschluss für den Futterautomaten. Während des Vorprojekts wurden bereits 20 Kilometer Glasfaserkabel von Zug nach Früebüel verlegt, um die Geschwindigkeit des neuen Netzwerks gewährleisten zu können. Damit hatte ich aber nicht viel zu tun, die Planung erfolgte durch die Wasserwerke Zug. Wir sind nun für die gesamte Netzwerkinfrastruktur verantwortlich. Das Glasfaserkabel führt in den Arealverteiler und von da aus in einzelne Gebäudeverteiler. Danach funktioniert die Verkabelung wie in jedem Büro. Die grosse Herausforderung liegt in der sinnvollen Erschliessung dieser alten Gebäuden.

Und wie geht es mit dem Projekt weiter?

Nach dem Vorprojekt folgen weitere Phasen: das Projekt, die Ausschreibung, Ausführung, Baubegleitung, der Bauabschluss und die Revisionsplanung. Sobald nach der Projektphase alles fein geplant ist, findet eine Ausschreibung für den Elektroinstallateur statt – die Installation machen wir nicht selbst. Mit ihm schliesse ich einen Werkvertrag ab, mache die Ausführungsplanung und begleite ihn während der Installation. Wir tragen also bis zum Schluss die Gesamtverantwortung für das Projekt.

Was ist das Besondere am Kunden ETH?

Die ETH ist einer unserer grossen Kunden – und einer der speziellsten. Ich bin verantwortlich für etwa 30 Gebäude der ETH. Für jedes Einzelne gibt es einen detaillierten, fein säuberlich geführten A4-Bundesordner in dreifacher Ausführung. Darin ist jeder Netzwerkanschluss dokumentiert, mit Nummern, Tabellen und Fotos. Man ist eigentlich nie fertig, denn sobald ein Projekt abgeschlossen ist, findet hier wieder eine Erweiterung und dort eine Anpassung statt. Und mit jedem geänderten Anschluss muss natürlich das ganze Dossier aktualisiert und wieder von der ETH abgenommen werden. Das ist schon speziell. Gerade aufgrund dieser Detailtiefe ist die ETH ein sehr spannender Kunde, vieles ist möglich und vieles wird möglich gemacht.

Haben Sie immer so spannende Projekte?

Alle Projekte haben eine spannende Komponente, ob eine allgemeine Elektroplanung oder ein Büroausbau. Wir sind in der komfortablen Lage, unsere Projekte meistens selbst aussuchen zu können. Das hat sich glücklicherweise so entwickelt, seit ich COM2NET vor zwölf Jahren zusammen mit José Jiménez gegründet habe. Wir haben uns immer gesagt: Wenn wir Herzblut in ein Projekt bringen können, dann ist auch die Qualität da. Und viele Anfragen kommen mittlerweile durch Empfehlungen.

Wohin geht die Reise
mit COM2NET in Zukunft?

Wir werden uns weiterhin auf diese Gebiete und Kundensegmente konzentrieren. Wir machen alles, was mit Elektrotechnik zu tun hat. Relativ neu bieten wir auch Besucherfrequenzmessungen an. Damit wir unsere Kunden von der ersten Beratung bis zum Schluss begleiten können, legen wir den Schwerpunkt insbesondere auf das Qualitätsmanagement im Netzwerkbereich – da sind wir zertifiziert. Vielleicht wachsen wir noch ein bisschen, wer weiss. Meine persönliche Reise führt mich jetzt aber zuerst einmal woanders hin. Zur Friedenseiche in Früebüel? Nach Kanada! Ich feiere dieses Jahr meinen 50. Geburtstag und erfülle mir diesen Traum. Zwei Wochen lang Lachsfischen, mit dem Wasserflugzeug oder dem Helikopter an abgelegene Orte fliegen, wo sonst niemand ist. Aber auch zwei Wochen lang im Zelt schlafen – grausam (lacht).